ISO-zertifizierte Lerndienstleistungen von Bildungsinstituten:
Sie versprechen Kund:innen ein hohes Maß an Qualität von Seminar-Angeboten auf einem großen Markt von Bildungsangeboten. Doch was genau verbirgt sich hinter den Zertifikaten, was wird im Rahmen von Audit-Verfahren überprüft und wie können Kund:innen hiervon profitieren? Im aktuellen Blog-Beitrag werfen wir einen Blick auf die Welt der Normen für Bildungsanbieter, den Ablauf beim Zertifizierungsprozess und berichten über die eigenen Erfahrungen im kürzlich erfolgreich durchgeführten Audit-Prozess mit dem TÜV NORD.
1. DIN ISO 29993 – Bedeutung für Bildungsanbieter, Vorteile für Lernende
Lebenslanges Lernen ist wichtig, sowohl für Unternehmen als auch für Mitarbeiter:innen. Wer auf einem sich rasch verändernden globalen Arbeits- und Handelsmarkt bestehen möchte, muss flexibel auf Wandel und neue Anforderungen reagieren. Hierfür braucht er einen stets aktuellen Wissensstand und ist auf qualitativ hochwertige Bildungsangebote angewiesen. Bei der Auswahl von Bildungsangeboten hilft ein internationaler Standard wie die DIN ISO 29993, der allen Beteiligten eine gleichbleibende und hohe Qualität eines Bildungsangebots garantiert. Doch viele Anbieter scheuen den immensen Aufwand, der mit der Zertifizierung nach DIN ISO 29993 einhergeht. So ist insbesondere ein exzellent funktionierendes Management-System Grundvoraussetzung.
Die DIN ISO 29993 ist das Ergebnis eines 2016 eingerichteten technischen Komitees, welches Bildungs- und Lerndienstleistungen standardisiert. Diese spezifische Norm ging aus der DIN ISO 29990 hervor. Der Fokus dieses Komitees, welches aus Vertretern von über 40 Mitglieds-Ländern besteht, liegt auf den Management-Systemen, den Ausbildern bzw. Referenten selbst, der Bewertung des Lernens und auch auf dem ethischen Verhalten eines jeden Anbieters. Letzteres bezieht sich vor allem auf den Umgang mit den Lernenden.
Abbildung 1: Übergang der DIN ISO 29990 zur DIN ISO 29993
2. DIN ISO 29993 – was wird geprüft?
Die ISO 29993 ist eine Norm, die Anforderungen an die Konzeptionierung, Planung, Umsetzung und Nachbereitung von Bildungsangeboten definiert und sichert. Im Fokus der Prüfung stehen daher die Analyse der Bedürfnisse von Lernenden, die Lernkonzepte und die Abläufe der Bildungsdienstleistungen:
- Welche Kompetenzen besitzt der Anbieter und welche Expertise und Erfahrungen haben die Referent:innen, welche die Lerninhalte vermitteln?
- Adressieren die Konzepte des Bildungsdienstleisters die Bildungsbedarfe der Kunden?
- Nach welchen Vorgaben und Maßstäben werden Lernkonzepte entwickelt?
- Gibt es verbindliche und dokumentierte Abläufe?
- Stellt der Anbieter einen effizienten Prozess von der Anfrage bis zur Nachbereitung einer Lerndienstleistung sicher?
- Wie stellt der Bildungsdienstleister auch zukünftig eine gleichbleibend hohe Qualität seiner Angebote sicher?
Ebenso wird die Arbeitsumgebung untersucht:
- Welche Mittel stehen dem Anbieter zur Verfügung, um eine gleichbleibende Qualität der Bildungsangebote sicherzustellen?
- Welche Management-Systeme werden eingesetzt, um einen qualitativ beständigen Prozess über alle Phasen hinweg zu gewährleisten?
Damit knüpft die DIN ISO 29993 zwar an die bekannte DIN ISO 9001 an, welche gleichbleibende Qualität in Management-Systemen sicherstellt, aber geht noch deutlich weiter, indem sie konkret auf die professionelle Abwicklung von Bildungsdienstleistungen eingeht.
3. Ablauf des Zertifizierungsverfahrens
Entscheidet sich ein Anbieter, seine Lernangebote zu zertifizieren, so muss er zunächst seine eigene Organisation hinsichtlich der Konformität zu den Anforderungen der ISO-Norm überprüfen. Er muss Schwachstellen identifizieren und diese anschließend beseitigen. Dann beginnt die Suche nach einem geeigneten Zertifizierer. In Deutschland sind dies unter anderem die bekannten Prüfanstalten wie der TÜV oder die DEKRA. Mit der Annahme eines Angebotes erfolgt die konkrete Zeitplanung. Bis zum Prüftermin selbst reicht der Bildungsdienstleister alle erforderlichen Unterlagen ein. Der Prüfer beziehungsweise Auditor kann sich so bereits vor dem Audit einen ersten Überblick verschaffen. Das eigentliche Audit erfolgt dann in der Betriebsstätte und dauert in der Regel ein bis drei Tage.
Geprüft wird im Rahmen eines Fachgespräches. Alle Punkte des Zertifizierungskataloges besprechen Auditor und Antragssteller gemeinsam. Auf Basis der Live-Systeme des Bildungsdienstleisters überprüft der Auditor die Umsetzung. Bereits während des Prozesses bewertet der Auditor Einzelergebnisse und leitet daraus Merkmale ab, die Einfluss auf den Zertifizierungserfolg haben können.
So kann ein Verbesserungspotenzial (VP) zwar eine Optimierung des bestehenden Systems sein, spielt aber für die Konformität im Rahmen der Zertifizierung keine Rolle. Der Anbieter von Bildungsangeboten kann hier selbst entscheiden, ob er seine Prozesse anpassen möchte. Eine erkannte wesentliche Nichtkonformität (NC A) aber erlaubt keine Zertifizierung. Der Bildungsdienstleister ist hier verpflichtet, im Rahmen der ISO-Norm nachzubessern und kann dann, nach erfolgreicher Abnahme der Mängelbeseitigung durch den Prüfer, die Zertifizierung erlangen. Nach bestandener Zertifizierung dürfen alle erfolgreich auditierten Bildungsangebote als zertifiziert beworben werden. Eine Rezertifizierung ist im Anschluss alle 12 Monate erforderlich.
Abbildung 2: Ablauf Zertifizierungsprozess
4. amendos Erfahrungsbericht
Die Amendos GmbH meldete sein Portfolio der „amendos Akademie“ im ersten Quartal 2023 zur Zertifizierung nach DIN ISO 29993 beim TÜV Nord an. Nach erfolgtem Audit im Mai, schloss sich die offizielle Bestätigung der Zertifizierung im Juni an. Das intensive, vom Auditor geleitete Fachgespräch hielt sich eng an einem sehr umfangreichen, aus der ISO-Norm abgeleiteten Fragenkatalog. Dieser stand uns auch als Hilfsmittel in der Vorbereitung des Audits und speziell in der Phase der Optimierung der eigenen Organisation bereits zur Verfügung. So gab es für uns keine Überraschungen während des Audits, die einzelnen Punkte konnten souverän abgehandelt werden.
Der gesamte Prozess setzt im Vorfeld der Prüfung eine sehr intensive und ernsthafte Auseinandersetzung mit den eigenen Ansätzen und Systemen voraus. Als zu prüfendes Unternehmen empfiehlt es sich, ausreichend Zeit für die Überprüfung und Anpassung der für die Prüfung relevanten Inhalte einzuplanen. Uns hat besonders geholfen, dass wir uns sehr eng an dem Fragenkatalog der ISO-Norm orientieren konnten. Erst nach Abschluss der wesentlichen Anpassungsnotwendigkeiten haben wir uns dann zum Audit-Verfahren angemeldet. Es war von Vorteil, dass die amendos-Mitarbeiter, welche am Zertifizierungsprojekt mitgearbeitet haben, das Audit selbst begleitet haben und somit dem Auditor kompetent Rede und Antwort stehen konnten. Eine wichtige Erfahrung für uns war, dass ihre genaue Kenntnis der Normanforderungen und deren Umsetzung bei amendos wesentliche Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Zertifizierung war.
Fazit
Eine Zertifizierung nach DIN ISO 29993 ist ein umfangreiches Verfahren, in dem sowohl die Managementsysteme als auch alle relevanten Dokumente zu den Bildungsangeboten und die Referent:innen selbst überprüft werden. Für eine erfolgreiche Zertifizierung muss sich ein Bildungsanbieter intensiv vorbereiten und erforderliche Anpassungen in seiner Organisation prüfen sowie konsequent umsetzen. Wir, das heißt die amendos GmbH, haben das mit unserem Akademie-Angebot erfolgreich umgesetzt.
Für potenzielle Kund:innen einer zertifizierten Akademie bedeutet dies ein großer Vorteil: Die Zertifizierung bringt mehr Transparenz durch das Sicherstellen eines gleichbleibend hohen Qualitätsniveaus in den Prozessen der amendos-Akademie, aber auch mehr Verlässlichkeit bei der Qualität der Bildungsdienstleistung. Der Kunde muss daher nicht nur Referenzen anderer Teilnehmer:innen als Parameter in seine Entscheidung für ein Bildungsangebot einfließen lassen. Dennoch gilt für Kundenbewertungen: Auch, wenn uns Kundenbeurteilungen als Orientierung im Alltag mittlerweile vertraut sind, wie z.B. bei Amazon, so arbeiten immer noch sehr wenige Anbieter mit Systemen wie Sterne-Bewertungen oder Testimonials.
Autoren: Marleen Schenk und Jörg Bujotzek