Die Auswahl von IT-Dienstleistern ist ein entscheidender Schritt in jedem IT- bzw. Outsourcing-Projekt. Dieser Prozess durchläuft mehrere Phasen: Nach der Fertigstellung der Ausschreibungsunterlagen werden passende Anbieter identifiziert und zur Angebotsabgabe aufgefordert. Dann erfolgt die Verhandlung der eingegangenen Angebote, die zur Auswahl des Auftragnehmers führen. Leider werden bei der Auswahl häufig Fehler gemacht, die erhebliche Auswirkungen auf die Qualität und den Erfolg des Projekts haben können. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die häufigsten Fehler und geben wertvolle Tipps, wie diese vermieden werden können.
Typische Vorgehensweise bei der Auswahl
Viele Unternehmen gehen bei der Auswahl von IT-Dienstleistern nicht ausreichend strukturiert vor. Häufig wird der Fokus auf den Preis und wenige andere Kriterien gelegt, während weitere wichtige Kriterien wie Erfahrung, Kompetenz, Ausstattung und langfristige Zusammenarbeit vernachlässigt werden. Diese Vorgehensweise kann zu suboptimalen Entscheidungen führen: Die Auswahl des „falschen“ Dienstleisters zieht später häufig Mängel bei der Leistungserbringung und eine schwierige Zusammenarbeit nach sich.
Die 5 häufigsten Fehler
Hier sind nach unserer Erfahrung einige der häufigsten Fehler, die Unternehmen bei der Auswahl von IT-Dienstleistern unterlaufen:

Abbildung 1: Häufigste Fehler bei der Auswahl von IT-Dienstleistern
1. Unzureichende Prüfung der Fachkompetenz:
Es ist wichtig, dass der Dienstleister über die notwendigen technischen Kenntnisse und Erfahrungen im angefragten Service-Segment verfügt.
Tipps:
- Fordern Sie konkrete Referenzprojekte aus der jüngeren Vergangenheit an. Für diese sind vom Dienstleister die Daten zu fordern, die eine realistische Einschätzung der Erfahrung des Dienstleisters ermöglichen.
- Fordern Sie Ansprechpartner zu den Referenzprojekten an, um sich mit anderen Kunden des Anbieters bezüglich dessen Erfahrung und der Fachkompetenz seiner Mitarbeiter austauschen zu können.
- Die Kompetenz der Mitarbeiter des Dienstleisters ist durch geforderte Kurzprofile und (wo sinnvoll) Zertifizierungsnachweise (z.B. Cisco CCNP, Microsoft MCSE) prüfbar.
- Geforderte Zertifizierungen des Unternehmens (z.B. ISO 9001, ISO 20000, ISO 14001) können ein gewisses Maß an Qualität und Reife der Organisation des Dienstleisters sicherstellen. Die Zertifizierungen sollten allerdings zu den angefragten Services passen bzw. für diese relevant sein.
- Erfordert der angefragte Service Branchen-Know-how, so sollten Sie den Dienstleister auffordern, dieses ebenfalls nachzuweisen.
2. Mangelnde Berücksichtigung von Sicherheits- und Compliance-Anforderungen:
Sicherheitsstandards und Compliance-Anforderungen sollten bei der Auswahl eines Dienstleisters immer im Vordergrund stehen.
Tipps:
- Spezifizieren Sie für den angefragten Service relevante Sicherheitsstandards und fordern Sie vom Dienstleister die Konkretisierung von deren Einhaltung.
- Gibt es für die Sicherheitsstandards internationale Normen (z.B. Tier-Klassen für Rechenzentren bzw. EN 50600) oder Zertifizierungen (z.B. ISO 27001), so sollte der Dienstleister aufgefordert werden, deren Einhaltung bzw. Besitz nachzuweisen.
- Compliance-Anforderungen sollten Sie einzeln auflisten und deren Einhaltung von Dienstleister bestätigen lassen, ggf. sind Maßnahmen zur Einhaltung vom Dienstleister zusätzlich zu beschreiben.
3. Fehlende Flexibilität und Skalierbarkeit:
Der Dienstleister sollte in der Lage sein, sich an veränderte Anforderungen anzupassen und mit Ihrem Unternehmen zu wachsen.
Tipps:
- Fordern Sie die Angabe des Servicesegment-bezogenen Umsatzes in den letzten 3 Jahren: Neben der Kompetenz und Erfahrung des Dienstleisters wird hierdurch auch die Bedeutung des Servicesegments für den Dienstleister transparent. Wenn es ein Wachstumssegment für ihn ist, sind Ihre zukünftigen Anforderungen eher abbildbar.
- Lassen Sie in den angefragten Referenzprojekten auch den Umgang mit Änderungen konkretisieren, wenn Änderungen eine große Rolle bei dem angefragten Service spielen.
- Geforderte Ansprechpartner zu Referenzprojekten ermöglichen Ihnen einen Austausch mit anderen Kunden des Anbieters bezüglich dessen Flexibilität und Umgang mit Änderungsanforderungen.
- Im Vertrag sollte zudem eine Regelung für den Umgang mit Änderungsanforderungen enthalten sein. Zudem sollte der Vertrag so modular gestaltet sein, dass Änderungen sehr einfach aufgenommen und beauftragt werden können.
4. Vernachlässigung von „Soft Facts“:
Bei der Auswahl eines Dienstleisters sollten nicht nur technische und finanzielle Aspekte berücksichtigt werden, sondern auch die kulturelle Passung und die Zusammenarbeit. Dieser Aspekt ist in der Angebotsanfrage schwer zu konkretisieren.
Tipps:
- Wählen Sie – soweit dies möglich ist – als potenzielle Anbieter Unternehmen aus, für die Ihr Auftrag mindestens die gleiche Bedeutung hat wie für Sie: hierdurch stellen Sie eine Basis für eine ausreichende Kooperationsbereitschaft und Flexibilität beim Dienstleister sicher.
- Prüfen Sie bei der Vorauswahl potenzieller Anbieter, welche Kultur diese „leben“. Dies kann durch Prüfung des Unternehmensauftritts sowie durch Vorgespräche mit Dienstleistervertretern erfolgen.
- Geforderte Ansprechpartner zu Referenzprojekten ermöglichen einen Austausch mit anderen Kunden des Anbieters bezüglich dessen Kultur und Verhalten im Servicealltag, bevor der Auftrag erteilt wird.
- Im Vertrag sollten kulturelle und Verhaltens-Aspekte adressiert sein: wie soll sich der Dienstleister in der Zusammenarbeit mit Ihnen als Auftraggeber und mit dritten Dienstleistern verhalten?
5. Zu enger Zeitrahmen:
Die Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung sowie die interne Abstimmung benötigen ausreichend Zeit. Ein zu enger Zeitrahmen kann zu unzureichenden Ausschreibungsunterlagen und falschen Entscheidungen führen.
Tipps:
- Erstellen Sie als erstes einen Projektplan für die Ausschreibung und planen Sie insbesondere von Beginn an genug Zeit für die Erstellung der Auswahlkriterien, aber auch für deren Abstimmung mit allen intern Beteiligten ein. Sehen Sie auch ausreichende Zeitfenster für die Prüfung der Anbieter und später deren Angebote vor.
- Sollte es während des Projektverlaufs trotzdem zeitlich knapp werden, dann sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem bisherigen Dienstleister und verhandeln eine ausreichende Vertragsverlängerung mit ihm. Erleichtert wird dies, wenn auch er an der Ausschreibung als Anbieter teilnehmen kann und zusätzlich, wenn der Leistungsumfang sich gegenüber seinem bisherigen Vertrag vergrößert.
Generelle Empfehlungen zur Auswahl von IT-Dienstleistern
Um die soeben dargestellten – und natürlich auch alle weiteren! – Fehler zu vermeiden, ist ein strukturierter Ansatz entscheidend. Unternehmen sollten zunächst klare Auswahlkriterien festlegen und in einem Bewertungsverfahren zusammenführen. Kriterien und Verfahren sollten genau auf Ihre Dienstleistungsanfrage zugeschnitten sein.
Sobald die Kriterien festgelegt sind, sollten sie gewichtet werden, um ihre relative Bedeutung zu bestimmen. Dies hilft dabei, eine ausgewogene Bewertung der Anbieter vorzunehmen. Ein Punktesystem kann hierbei hilfreich sein, um die Angebote objektiv zu vergleichen und die beste Wahl zu treffen.
Durch eine strukturierte Vorgehensweise und die Berücksichtigung der richtigen Auswahlkriterien können Unternehmen sicherstellen, dass sie einen IT-Dienstleister auswählen, der nicht nur kosteneffizient ist, sondern auch die Qualität und den Erfolg des Projekts langfristig gewährleistet.
Haben Sie spezifische Fragen zu einem dieser Punkte oder benötigen Sie weitere Informationen? Sprechen Sie uns gern an.