Unternehmen agieren heute in einem Marktumfeld, welches komplexer und kompetitiver ist als jemals zuvor. Die stabile und sicher vorhersagbare Umwelt der vergangenen Jahrzehnte weicht einer digitalisierten Zukunft mit neuen Spielregeln.
In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere für Betriebe mit einem outgesourcten IT-Service die Frage, wie die bestehende interne Organisationsstruktur regelmäßig für die Zukunft ausgerichtet werden kann. Bei dem Review ihrer Sourcing Strategie konzentrieren sich Unternehmen häufig ausschließlich auf das IT-Outsourcing selbst, während die intern verbleibende Organisation häufig weniger Beachtung findet. Aus diesem Grund legen wir in diesem Artikel den Fokus auf die Gestaltung der intern verbleibenden Organisation bei betrachteten Sourcing-Szenarien.
Um eine Sourcing Strategie zum Erfolg zu führen, muss die interne Organisation eine effiziente Steuerung der Service Provider sowie eine reibungslose Zusammenarbeit aller an der Service-Bereitstellung Beteiligten sicherstellen. Hierfür ist vor jeder Outsourcing-Maßnahme die gesamte Organisation zu prüfen und zu bewerten. Für diese Bewertung müssen Antworten für folgende Fragen ermittelt werden:
- Wie kann das Unternehmen den Aufgabenkomplex IT-Service zukünftig optimal organisieren und aufbauen? Wie kann die aktuelle Organisationsstruktur verbessert werden?
- Ist eine Auslagerung an einen externen Provider bei bereits outgesourcten Services weiterhin sinnvoll und die bessere Alternative als eine interne Realisierung aller Aufgaben?
- Mit welchem Personal- und Budgetbedarfen ist bei den jeweiligen Organisationsoptionen zu rechnen? Welche Anforderungsprofile müssen dabei die Mitarbeiter*innen erfüllen?
Für die Beantwortung dieser Fragen bietet sich eine Überprüfung der bestehenden Sourcing Strategie an. Hierfür wird in der Regel ein methodisches Vorgehen in mehreren Schritten angewendet, wie es beispielhaft in Abbildung 1 dargestellt wird:
Im Folgenden wollen wir in den einzelnen Schritten eines Sourcing-Strategie-Reviews den Fokus auf die Fragen legen:
Schritt 1: Umfeldanalyse
Bei der Umfeldanalyse werden die definierten Ziele und Rahmenbedingungen für das IT-Outsourcing auf Aktualität reviewt und gegebenenfalls angepasst. In dem Rahmen wird auch geprüft, ob die Ziele von IT-Outsourcing weiterhin klar von der Unternehmens-Strategie abgeleitet sind. Aus ihnen werden Bewertungskriterien für verschiedene Outsourcing-Szenarien abgeleitet. Beispiele für Ziele sind in Abbildung 2 dargestellt:
Schritt 2: Aufnahme der Ist-Situation
In diesem Schritt wird eine Bestandsaufnahme der aktuellen Organisationsstruktur für die Bereitstellung aller IT-Services gemacht. Dies wird zum Beispiel mit Hilfe eines Organigramms bewerkstelligt. Häufig muss hierbei das bestehende Organigramm mit aktuellen oder fehlenden Informationen aktualisiert werden. Dabei wird die Organisation,
von der obersten Führungsebene des Unternehmens bis hin zu allen Abteilungen, welche mit in die Bereitstellung der IT-Services involviert sind, betrachtet. Um das notwendige Gesamtbild zu erhalten, sind auf dem Organigramm auch externe Service Provider, IT-Anwender und die Beziehungen zwischen den verschiedenen Abteilungen darzustellen. Anschließend werden die Zuständigkeiten der an der IT-Bereitstellung beteiligten Abteilungen ausführlich beschrieben.
Basierend auf dem aktualisierten Organigramm werden die für die Bereitstellung der IT-Services relevanten Aktivitäten und die dazugehörigen Aufwände aufgenommen. Als Rahmenwerk können Best-Practice-Frameworks wie ITIL und SIAM genutzt werden, um die relevanten Aufgabenfelder für die Bereitstellung der IT-Services zu identifizieren. Ihr Einsatz dient dazu, die Vollständigkeit der wahrzunehmenden Aufgabenfelder sicherzustellen.
Die Aufgabenfelder werden in interne und externe aufgeteilt. Interne Aufgabenfelder beinhalten alle Aufgaben, die von der intern verbleibenden Organisation übernommen werden. Sie beinhalten die übergreifenden Aufgaben, das Providermanagement und interne IT-Services. Beispiele der übergreifenden Aufgaben sind in Abbildung 3 aufgelistet. Eine Identifikation der für die eigene Situation relevanten Aufgaben kann über Frameworks wie ITIL erfolgen. Auf Basis des amendos Frameworks 9PROFITS (s. Abbildung 4) können die Aufgabenfelder des Providermanagements abgeleitet werden. Die internen IT-Services umfassen alle Aufgaben des Betriebs dieser Services. Die externen Aufgabenfelder enthalten alle Aufgaben, welche von externen Dienstleistern (Service Providern,
Beratern, usw.) übernommen werden.
Basierend auf den Aktivitäten in den Aufgabenfeldern sind die Kosten für die Erbringung der Services zu ermitteln.
Schritt 3: Bewertung der Ist-Situation
Mit der Gegenüberstellung der in den Frameworks aufgeführten und den tatsächlich wahrgenommenen Aktivitäten entsprechend der Bestandsaufnahme wird schnell ersichtlich, welche Aktivitäten nur teilweise oder gar nicht wahrgenommen werden. Sich ergebende Gaps bei den Aktivitäten, aber auch die Spezifikation der Services, die bestehenden Prozesse, die eingesetzten Tools, die Schnittstellen zwischen den beteiligten Organisationen und die Bewertung der Provider werden auf Schwachstellen untersucht.
Anschließend erfolgt auf der Basis der identifizierten Schwachstellen eine Analyse der Ursachen. Daraufhin werden Maßnahmenpakete zur Beseitigung der Schwachstellen definiert. Die Kosten zur Realisierung der Maßnahmen werden dann entsprechend geschätzt und später in den Gesamtkosten zur Bereitstellung IT-Services berücksichtigt.
Schritt 4: Marktpotenzialanalyse
In diesem Schritt wird geprüft, wie der Markt potenziell extern zu erbringende Services anbietet. Hierbei wird analysiert, ob die entsprechenden IT-Leistungen am Markt wirtschaftlich und im geforderten Umfang zu beziehen sind. Auf Basis sinnvoller Service-Angebotszuschnitte kann anschließend abgeleitet werden, wie die interne Organisation aufgestellt werden muss.
Schritt 5: Strategiegestaltung
Unter Heranziehung strategischer Vorgaben und der Outsourcing-Ziele werden verschiedene Outsourcing-Szenarien mit passend gestalteter interner Organisationsstruktur gebildet und bewertet. Anschließend werden die Kosten sowie die Vor- und Nachteile für jedes Szenario ermittelt. Für die Szenarien werden dann auch die Anforderungsprofile für interne Teams und für externe Service Provider aufgestellt.
Anschließend werden die Szenarien einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen.
Nur diejenigen Outsourcing-Szenarien werden weiter betrachtet, welche einen angemessenen Nutzen bei Einhaltung der vorgegebenen Kostenziele versprechen.
Diese werden dann einer Risikoanalyse unterzogen.
Die bisherige Bewertung der Outsourcing-Szenarien wird um die Ergebnisse der Risikoanalyse ergänzt.
Mit dem Ergebnis der Bewertung kann abschließend eine Gesamtempfehlung abgegeben werden. Für die erarbeitete Gesamtempfehlung ist im nächsten Schritt eine Entscheidung seitens des Managements einzufordern, ehe die Umsetzung geplant werden kann.
Fazit
Um eine bereits bestehende Organisation mit einem outgesourcten IT-Service für die Zukunft neu auszurichten, muss im Rahmen der Bestands- und der Schwachstellenanalyse die Organisationsstruktur und das Serviceumfeld durchleuchtet werden. Basierend auf den Ergebnissen und den Unternehmenszielen können verschiedene Outsourcing-Szenarien entwickelt und bewertet werden. Die Szenarien sollten hierbei die notwendigen Veränderungen in der Organisationsstruktur einbeziehen. Auf Basis der Bewertung der Szenarien kann eine Empfehlung abgeleitet werden, die dem Management eine fundierte Entscheidung ermöglicht. Bei der Umsetzung von Outsourcing-Maßnahmen sind als notwendig identifizierte Anpassungen der Organisationsstruktur frühzeitig zu planen und zu implementieren.